Samstag, 5. November 2011

[Rezension] ► George R.R. Martin - Die Saat des goldenen Löwen



Originaltitel: A Clash of Kings (Part 2)
Erscheinungsjahr: 2000 (Blanvalet)
Preis: 13,00€ (Taschenbuch)
Seiten: 608
Reihe: Das Lied von Eis und Feuer #4 || Spoiler-Gefahr
Erster Satz: "Die Binsen fühlten sich unter seinen nackten Füßen rau an."
Kurzbeschreibung

Der Krieg um die Herrschaft über die Sieben Königslande hat entsetzliche Verheerungen hinterlassen. Die Ernten sind vernichtet, die großen und kleinen Häuser haben hohen Blutzoll errichtet. Der Kindkönig auf dem Eisernen Thron ist unfähig zu regieren, und seine Mutter, die Regentin, ist vor Allem damit beschäftigt, ihre Macht gegen mögliche und eingebildete Rivalen abzusichern. Und während die Kämpfe in manchen Teilen des Reiches weiter andauern, formieren sich in anderen lämgst alte und neue Gegner. Die Zeit der Krähen steht bevor: Die Abtrünnigen lauern darauf, sich die größten vom darniederliegenden Reich zu sichern...

Rezension

Wo ist das Beatmungsgerät ? Dieser Band ist für mich nicht nur ein Meilenstein dieser Saga, sondern auch ein weiterer Beweis dafür, dass englische Originale einfach nicht geteilt werden sollten. Der Vorgänger "Der Thron der sieben Königreiche" hatte mich ja zumindest für Martin´sche Verhältnisse ein winzig kleines bisschen enttäuscht, weil keine wirkliche Vorwärtsbewegung stattfand. Was soll ich sagen? In diesem Buch hätte ich die ein oder andere Sauerstoffreserve bitter nötig gehabt, so teilweise atemberaubend spannend war es!
Zunächst ein paar Worte zu den Charakteren. Auch die waren für mich im Vorgänger nicht ganz so greifbar, wie ich das von den ersten beiden Bänden in Erinnerung hatte. Aber davon ist hier keine Spur mehr zu finden. Vielmehr kam wieder das wunderbar zur Geltung, was ich an dieser Reihe so schätze: es gibt keine "guten" Charaktere, die auf der "richtigen" Seite stehen, sondern Menschen. Da kann jemandes Rüstung noch so strahlen, können seine Absichten noch so vermeintlich edel sein. In Extremsituationen (und davon gibt es mehr als genug) kommt der wahre und erfrischend realistisch gezeichnete Charakter zum Vorschein. Die meisten Hauptcharaktere müssen in diesem Band wieder mit ihren Dämonen kämpfen und den Einblick, den Herr Martin dem Leser hier in menschliche Abgründe gibt, fand ich sehr faszinierend. Das hat mir schon bei Joe Abercrombies "First Law"-Reihe super gefallen und hier geht der Autor in seiner Charakterdarstellung fast noch etwas tiefer. Großartig!
Die Handlung selbst nimmt hier wieder deutlich an Fahrt auf. Während im dritten Band noch etwas auf Sparflamme gekocht wurde, gibt es hier einen regelrechten Flächenbrand an Entwicklungen! Es toben Schlachten, wohin man sieht und nicht alle werden mit Schwert und Streitaxt auf offenem Feld geführt. Ganz im Gegenteil. Magie, ein voller Geldbeutel oder eine scharfe Zunge sind oft die bessere Lebensversicherung. Zum ersten Mal taucht hier auch der Begriff "Das Lied von Eis und Feuer" auf, doch dessen Bedeutung lässt der Autor noch wie vieles Andere im Dunkeln. Dafür zeigen sich einige fantastische Elemente endlich an der Oberfläche und versprechen für die Zukunft einiges! Seien das nun im Norden der Anführer der Wildlinge mit mysteriösen, Böses ahnen lassenden Zielen und Bran, der sein bereits angedeutetes Erbe zu akzeptieren beginnt; im Osten Daenerys mit ihren Drachen oder mitten in den Königslanden die rote Priesterin an der Seite von Stannis und Aryas geheimnisvolle Bekanntschaft. Die Magie hat auf beeindruckende und teilweise sehr überraschende Art Einzug in George Martins Welt gehalten und scheint sich daraus so bald nicht mehr verabschieden zu wollen.
Das alles macht diesen Band für mich schon zu richtig guter Fantasy. Aber "Die Saat des goldenen Löwen" ist noch mehr: Dieses Buch ist meiner Meinung nach vor allem ein erzählerisches Meisterwerk! Der Autor schafft es, die Sichtweisen der erzählenden Personen derart geschickt zu verknüpfen, dass sich nicht einfach nur ein großes Ganzes ergibt. Vielmehr wird man als Leser zum hilflosen Spielball offener Enden und Ungewissheit. Herr Martin jongliert rücksichtslos und deshalb umso mitreißender mit Hoffnung, Angst, Sein und Schein und schafft damit einen unbeschreiblichen Sog. Die Charaktere wissen Dinge oft selbst nur aus zweiter Hand und so ist nichts wirklich gewiss. Man möchte die Protagonisten schütteln, ihren Kopf mit einem lauten "Siehst du das denn nicht?!" in eine bestimmte Richtung drehen und sitzt doch letztendlich machtlos da. Das fesselt ungemein und macht es nahezu unmöglich, am Ende eines Kapitels eine Lesepause einzulegen.

Fazit

Für mich der bisher beste Band der Reihe! Er vereinigt das Beste aller Vorgänger: eine tolle Story mit jeder Menge Überraschungen, tiefgründige Charaktere und einen fesselnden Schreibstil. Mehr davon bitte!


Inhalt: ♥♥♥♥♥ || Atmosphäre: ♥♥♥♥♥ || Charaktere: ♥♥♥♥♥
Sprache: ♥♥♥♥♥ || Aufmachung: ♥♥♥♥
Lesespaß: ♥♥♥♥♥

05.11.2011

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