Dienstag, 22. Juli 2014

[BuchBlubb] ► Incarceron (Catherine Fisher)



Gefangen. 
Fliehend.
Frei?
♠EN: Incarceron
♠Verlag: Penhaligon (2013)
♠Seiten: 480
♠Genre: Dystopie
♠Reihe: Finn&Claudia #1

Incarceron ist ein gewaltiges Gefängnis mit vielen Gesichtern. In gigantischen Metallwäldern, verfallenen Städten oder endlosen Weiten hält es seine Insassen fest und fordert für Freundschaft, Vertrauen oder gar die Hoffnung auf Flucht einen hohen Preis. Niemals wird es einen der seinen freigeben, auch nicht den Häftling Finn Sternseher. Er mag in Claudia, der Tochter des Gefängnishüters, als erster seit Langem eine Verbindung nach außen gefunden haben und tatsächlich will sie ihm aus ganz eigenen Gründen zur Flucht verhelfen. Aber Incarcerons Augen sind überall. Immer. Denn in diesem Gefängnis herrschen eigene Gesetze. Dieses Gefängnis lebt...



1st: >> Man hatte Finn zu Boden geworfen und an die steinernen Platten des Transitweges gekettet. <<





Angeschwemmt... werden sollte das Buch eigentlich überhaupt nicht. Aber dann hatte ich erst Pech mit dem BdB-Gewinn von "Sapphique" und zu allem Überfluss wurde mir "Incarceron" auch noch bei Arvelle ungewollt aufgedrängt. Tragisch. Wer Ironie findet, der darf sie gerne behalten.

Abgetaucht... bin ich sehr gespannt und neugierig, weil ich die Idee hinter Catherine Fishers Geschichte so interessant fand. Incarceron ist ein lebendes Gefängnis, gleichzeitig Zelle und Wärter, das für seine Insassen sozusagen Gesetz, Richter und Aufseher - oder eher Vollstrecker - vereint und dabei schon lange keine mildernden Umstände mehr kennt. Denn was als perfekte Welt gedacht war, um sich der Straftäter einer ganzen Gesellschaft ein für alle Mal anzunehmen, das hat über die Jahrzehnte hinweg ein Eigenleben entwickelt und "innen" könnte sich heute nicht stärker vom Paradies unterscheiden. Auch das Konzept für "außen" ist spannend: Die Bewohner eines Königreichs in ferner Zukunft werden vom höfischen Protokoll zu einem Leben nach den Gepflogenheiten viktorianischer Vergangenheit gezwungen. Für sie steht die Zeit still und neue Erfindungen in Kunst, Technologie oder Medizin sind strengstens verboten. Das sind in etwa die Informationen, mit denen man als Leser ins Geschehen geworfen wird und ich mag es eigentlich sehr gerne, mir die Welt und das Prinzip hinter einer Geschichte zu erlesen. Leider wusste ich aber auch 480 Seiten später nur bruchstückhaft mehr, als am Anfang. Frau Fisher schreibt zwar unterhaltsam, aber für ihr komplexes Worldbuilding nicht anschaulich genug. Es ist, als würde man ein Mikroskop benutzen und dabei das Objektiv wahllos verschieben: Hier und dort ein Einblick, doch bei all den dunklen Flecken will sich einfach kein Gesamtbild ergeben. Das fand ich extrem schade, weil man die Grundidee schon mit ein paar zusätzlichen Informationen so viel besser zur Geltung hätte
bringen können.

Badegäste... sind die Gefangenen "Innen" und die Bewohner von "Außen". In Incarceron folgen wir Finn, der die unterschiedlichsten Rufnamen besitzt: Sternseher, Eidbruder, Retter, Verräter. Er träumt von den Sternen und von Apfelkuchen, aber stammt er wirklich von außerhalb? Finn zumindest ist überzeugt davon, und als es in seinem Clan zum Eklat kommt, will er erreichen, was noch niemandem gelang: die Flucht. Er ist aber nicht der klassische Anführer- leider. Mit wenig Plan und unglaubwürdig vielen Skrupeln stolpert er vor sich hin und zieht die Geschichte hinter sich her. Ich konnte diesen selbst ernannten Gutmenschen nicht mit jemandem in Einklang bringen, der bisher nur die erbarmungslosen Regeln des Gefängnisses gekannt haben soll und mir war Finn insgesamt zu blass. Viel interessanter fand ich seine Weggefährten, die ihm aus den unterschiedlichsten Gründen folgen und die auch ein paar schlechte Charaktereigenschaften und sogar Geheimnisse haben durften! Am liebsten war mir aber Claudia. Sie ist dem Thronfolger versprochen und wurde von ihrem Vater von Kindesbeinen an im Umgang mit Degen, Verstand und Zunge gleichermaßen geschult, um eines Tages bei den Ränkespielen am Hof als Siegerin hervorzugehen. Tagein, tagaus trägt sie die Maske der egoistischen Diva und auch darunter ist sie ein kleines Biest. Das mag manchmal ein wenig nerven, ist aber erfrischend authentisch. Claudia steht dazu, in erster Linie an sich und ihre Liebsten zu denken. Dieses Ziel verfolgt sie kompromisslos und ich mochte diese resolute Art sehr gerne. Leider hatte die Autorin aber auch "außen" nicht für alle Tiefgang übrig und hier mussten die Nebencharaktere zurückstecken. Sie erfüllen als "böse Königin", "kaltherziger Vater" oder "weiser Freund" ihren Zweck, mehr aber auch nicht.

Schwimmzüge... waren ebenfalls zweigeteilt und das hat die Autorin geschickt gemacht. Während Finn aus Incarceron fliehen will, beneidet Claudia ihn in ihrem goldenen Käfig um sein vermeintlich perfektes Gefängnis und nur der Leser weiß es für beide besser. Diese stetig wechselnde Setting bietet der Handlung ein tolles Parkett, aber bis zum Tanz dauert es leider eine Weile. Wer nicht völlig auf der Fischsuppe dahergeschwommen kommt, der weiß zwar früh, warum Claudia Finn unbedingt befreien muss. Aber für meinen Geschmack waren es am Anfang trotzdem zu viele aneinandergereihte Szenen, die man nicht so recht einordnen kann. Spannender wird es erst, als Claudia den Schlüssel zum Gefängnis stiehlt und Kontakt zu Finn aufnimmt. Wer jetzt an ein aufgesperrtes Tor oder einen Besucherraum denkt, der wird schnell eines Besseren belehrt. So einfach macht es die Autorin sich und ihren Charakteren nämlich nicht und ich will über das Geheimnis hinter Incarceron auch gar nichts verraten. Aber der Fluchtweg - von den Häftlingen nach einer alten Legende nur "Sapphiques Weg" genannt - ist definitiv spektakulär und bietet allerlei (un)möglicher Überraschungen, an denen vor allem Kopfkino-Freunde jede Menge Spaß haben werden.


Ein ungewöhnliches dystopisches Setting, aber zum uneingeschränkten Genuss der genialen Grundidee fehlt es leider stellenweise an Details und Tiefgang.
Inhalt: ♥♥♥♥ || Atmosphäre: ♥♥♥♥♥ || Charaktere: ♥♥♥♥♥
Sprache: ♥♥♥♥♥ || Aufmachung: ♥♥♥♥♥
Lesespaß: ♥♥♥♥♥
22.07.2014


12 Kommentare:

  1. Das Buch liegt seit geraumer Zeit ungelesen bei mir herum und irgendwie reizt es mich nicht mehr großartig. Deine Rezension bestätigt mich gerade in der Vermutung, dass es mich wahrscheinlich nicht groß begeistern wird, dabei finde ich die Idee dahinter richtig klasse!
    Aber deine Rezension ist toll geschrieben und auch deinen Rezensionsaufbau mag ich sehr gerne. :)

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    1. Dankeschön :)

      Ich würde jetzt gerne sagen, dass es dich gut möglich begeistern wird, aber ich glaube ehrlich gesagt nicht daran ^^" Wenn es dir wie mir auch vor allem um die Idee dahinter geht, dann wird "Incarceron" dich vermutlich nicht von der Luftmatraze kippen. Aber ich will ja nicht nur meckern: Das Buch lässt sich auf alle Fälle schnell lesen. Die Handlung ist actionreich und teilweise recht rasant, da kommt eigentlich keine Langeweile auf. Falls du es also weg vom SuB haben möchtest, dann wirst du bestimmt nicht lange daran zu knabbern haben.

      Liebe Grüße

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  2. Ich bin gerade dabei, es zu lesen. Bis jetzt überzeugt es mich, aber ich hatte auch keine hohen Ansprüche *g*

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    1. So unterschiedlich sind die Geschmäcker. Freut mich aber, dass es dir gefällt und ich bin gespannt auf deine abschließende Meinung.

      Ich lese gerade den Nachfolger und "Sapphique" gefällt mir deutlich besser. Ob die Autorin dazugelernt hat, oder ob es bei mir auch was mit den deutlich niedrigeren Erwartungen zu tun hat... Wer weiß ^^" Auf alle Fälle hat sich "Incarceron" für mich alleine schon dafür gelohnt, das Sequel lesen zu können. Falls du "Sappique" also noch nicht hast, ich kann es (Stand: Hälfte des Buches) sehr empfehlen.

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    2. Unterdessen geht mir "Incarceron" derartig auf den Keks, dass ich von den nächsten Büchern fast nichts mehr wissen will xD

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    3. Ach herrje, so schlimm xD?
      Ich habe die Fortsetzung inzwischen beendet und ich bin zwar nicht mehr bei "sehr empfehlenswert", würde aber immer noch ein "empfehlenswert" aussprechen. Die Charaktere haben mir viel besser gefallen, auch wenn es gegen Ende hin dann irgendwie alles ein bisschen im Sand verläuft. Aber wenn du Attia, Keiro und "Innen" mochtest, dann könnte dir Sapphique weniger auf den Keks gehen :)

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  3. Ich bin nicht allein :D Habe das Buch auch vor Kurzem versucht zu lesen und nach der Hälfte aufgegeben. So coole Ideen, aber alles so schwammig und "hää?". Und die Figuren konnten mich auch nicht überzeugen. Alle zu flach und langweilig.

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    1. An deine Meinung musste ich beim Lesen immer wieder denken, weil es mir genau so ging. Also nein, du bist nicht allein :D "Häää?" trifft es auf den Punkt ^^
      Du hast das Buch nicht beendet, oder? Ich lese gerade Sapphique und anscheinend hat die Autorin (ein bisschen) dazugelernt: Weniger langweiliger Finn, mehr interessante Attia & Keiro <3 Vielleicht muss ich dir in ein paar Tagen sogar dazu raten, "Incarceron" doch noch zu beenden, damit du die Fortsetzung lesen kannst. Aber nur vielleicht ;-)

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    2. Genau, bis zum Schluss habe ich es nicht geschafft. Ich bezweifel auch ein bisschen, dass du mich dazu motivieren könntest dem Buch noch mal eine Chance zu geben... ich hätte während der Lesephase immer überhaupt keine Lust es wieder zur Hand zu nehmen :/

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    3. Dann verrate ich dir zur Not einfach das Ende (es wird dich vermutlich nicht überraschen, dass du soo viel in der zweiten Hälfte nicht verpasst hast ^^") und dann kannst du es dir mit dem zweiten überlegen ;) Aber wie gesagt: 200 Seiten hat Frau Fisher noch Zeit, um den guten ersten Eindruck wieder zu ruinieren ;)

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    4. Ich glaub ich hatte mich eh schon gespoilert ;D Aber ich hab schon wieder vergessen, was genau das war...

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    5. Nichts, bei dem sich das Erinnen lohnen würde.
      Ich habe den Nachfolger jetzt beendet und fand ihn wesentlich besser, als "Incarceron". Aber das dürfte auch an wesentlich niedrigeren Ansprüchen liegen ;-)
      Anfangs sah es wirklich noch super aus, was die Charakterentwicklung angeht. Aber das wird dann irgendwie alles nur angedeutet à la "Irgendwo tiiieeef drinnen steckt noch mehr in xy" und mäh. Denke nicht, dass dir die Fortsetzung viel besser gefallen würde.

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